Endlich der eigene Chef sein
Angenommen die Voraussetzungen sind gut. Fundierte Ausbildung zum Koch, Betriebswirtschaftsstudium, ordentliches Eigenkapital und dann wird einem ein tolles Objekt für ein einmalige à la carte Restaurant angeboten.
Warum sollte man da widerstehen oder zumindest vier mal überlegen?
Der Traum einer Selbständigkeit hat natürlich seinen Reiz. Endlich einmal der eigene Chef sein.
Keine Vorgaben von Vorgesetzten, eigene Entscheidungen, eigenes Personal und natürlich die Schubkarre voller Geld, die man Abend für Abend aus dem Laden schiebt- wenn da nur nicht all diese Sachen wären…
1. Die Sache mit dem Personal …
Fachpersonal ist mittlerweile kaum zu kriegen. Wenn man denn Glück hat bekommt man mit viel Mühe und Glück gute Leute. Das Problem ist dann allerdings, die wissen das dann, wollen gut bezahlt werden (zu recht) und gehen aber dann relativ schnell auch wieder, wenn ihnen was nicht in den Kram passt.
2. Die Sache mit der Belastung …
Gastronomie ist körperlich anstrengend. Selbst als Chef rennt man den ganzen Tag hin und her. Die Tage sind lang, gearbeitet wird bis in die Nacht und der Schlaf ist zu kurz.
Dann ist da noch die Sache mit der psychischen Belastung. Kommen genug Gäste, stellt sich die Frage ob das Team es überhaupt bewältigen kann und alle zufrieden nach Hause gehen. Kommen keine Gäste, sind zwar alle Mitarbeiter entspannt, aber die unbezahlten Rechnungen stapeln sich. Desweiteren ist dieses ständige morgendliche Hoffen, ob alle Mitarbeiter gesund sind. Private Probleme, die einen auf das Gemüt schlagen werden hier noch gar nicht mal berücksichtigt.
3. Die Sache mit den unkalkulierten Ereignissen
Speisekarte perfekt kalkuliert und dann entdecken die Chinesen, dass Schwein besser als Hund schmeckt. Die Eigenproduktion reicht nicht, der Weltmarkt wird leer gekauft. Die Preise für Schweinefleisch steigen mal eben um 20%. Gibt halt immer Gegebenheiten, die sich nicht vorhersehen oder beeinflussen lassen. Dazu gehören auch Reparaturen, Krankheiten, staatliche Vorgaben und neue Verordnungen wie das Rauchverbot in Gaststätten. Was einem auch den Boden unter den Füßen wegziehen kann sind Baustellen.
Straßenerneuerung plus Ersatz der Abfussrohre vor dem eigenen Laden? Kann in Deutschland schon mal ein bis zwei Jahre dauern. Umsatzeinbruch vorprogrammiert.
4. Die Sache mit dem Umsatz
Einerseits verlangen Gäste immer mehr, andrerseits sind diese nicht bereit mehr auszugeben. Klar, die Lebenserhaltungskosten steigen für alle und die Deutschen geben nicht gerne Geld für Essen aus. Hinzu kommt die dämliche Sache mit der Konkurrenz. Klar belebt das Geschäft. Blödsinn. Wenn die eine Pizzeria gehört und gegenüber macht so ein Kettenladen wie Bar Celona oder Vapiano auf, wirst du schon merken was hier belebt wird.
Hinzu kommt die scheinbar nie endende Expansion von Hotelbetrieben. Oft auch mit Restaurants. Die grasen nicht nur Tagesgäste, sondern auch Veranstaltungen ab.
5. Die Sache mit den Kosten
Auch hier wieder. Unkalkulierbar. Pacht und Immobilienkosten explodieren geradezu in Ballungsgebieten und Großstädten. Mindestlohn wird vom Staat festgelegt. Abgaben werden sicherlich auch in Zukunft niemals fallen und selbst die Zinsentwicklung ist unvorhersehbar. Und was verlangen Handwerker (wenn man den überhaupt noch einen bekommt)? Richtig- was Sie wollen.
6. Die Sache mit der Hygiene und Arbeitssicherheit
Kennt eigentlich irgendjemand alle aktuellen Vorschriften? Wohl kaum. Und wenn man selbst alles Erdenkliche tut, können auch erfahrene Mitarbeiter Fehler machen. Die Konsequenzen sind weitreichend. Strafgelder sind hier nur am geringsten zu bewerten. Da kommt eine Kontrolle zur falschen Zeit und irgendjemand schreibt in Internet dein Laden wäre ein Saustall. Feierabend- abschließen- fertig.
7. Die Sache mit dem Risiko
Klar, wenn man sich selbständig macht, geht man ein Risiko ein. Allerdings ist dieses Risiko in der Gastronomie unkalkulierbar und riesengroß. Es gibt nicht nur durch die Belastung Gesundheitsrisiken, sonder durch Arbeitszeiten Risiken bei Familien und Freunden. Vom finanziellen Risiko durch hohe Investitionen mal ganz abgesehen.
8. Die Sache mit der Bürokratie
Baubestimmungen, Hygienevorschriften, Brandschutz, Arbeitssicherheit, Personalrecht, Buchhaltung, Kassenabrechnungen, Homepage, Dienstpläne, Bestellungen, Einkauf, Ausbildungsrahmenpläne…
Noch Fragen? Wer glaubt, dass man diese Dinge zwischen Gästebegrüßung und Vertretung des kranken Küchenchefs schafft- irrt einfach nur.
9. Aber es gibt doch rentable Restaurants?
Ja gibt´s die wirklich? Nicht umsonst machen selbst Promiköche reihenweise ihre Läden zu.
Da gibt´s noch die Eigentümer, die keine Pacht bezahlen und ihren Laden in Top Lage besitzen, die Steuerbetrüger, die ihr Personal schwarz bezahlen und Veranstaltungsumsätze nicht buchen (soll hier kein Aufruf sein- Steuerehrlichkeit steht ganz oben), die Läden die Geld für dubiose Gruppen waschen und die Läden, in denen die komplette Familie mithilft.
Achja, nicht zu vergessen die Restaurants mit Übernachtungsmöglichkeiten und die Kettenbetriebe, die Verwaltungs, Werbe,- und Einkaufskosten minimieren können.
Und natürlich die glücklichen Gastroverrückten, die 24 Stunden fleißig für Ihren Betrieb einstehen und mit Fachverstand das Team führen.
Vielleicht bin ich als Gastronomieberater vorbelastet, vielleicht ist alles halb so schlimm- dennoch, für mich hat sich das Thema „eigenes Restaurant“ erledigt.