Die Schonfrist läuft ab
Seit Anfang 2017 gibt es in NRW nach jeder Hygienekontrolle eine Bewertung mit Hilfe eines Kontrollbarometers (früher Hygiene Ampel).
Diese Bewertung können die Gastronomen als Aushängeschild (oder auch nicht) am Eingangsbereich präsentieren. Ab 2020 müssen Sie es sogar.
Nachtrag: UND ES KAM DOCH WIEDER ALLES ANDERS
16 Fragen – 16 Antworten
1. Die Landesregierung will ein neues Transparenz-System für die Ergebnisse der amtlichen Lebensmittekontrollen schaffen. Warum?
Wir wollen den Verbraucherschutz stärken und gut arbeitende Betriebe auszeichnen. Das geplante Kontrollbarometer-System schafft Transparenz, Sicherheit und Vertrauen und fördert einen positiven Wettbewerb. Warum sollte ein System, das mit Erfolg in Dänemark oder Großbritannien eingeführt wurde, nicht auch in Deutschland funktionieren?
2. Ist ein solches System nötig?
Ja. Und das gleich aus mehreren Gründen. Zum einen haben wir seit Jahren ein gleichbleibend hohes Niveau an Beanstandungen in Restaurants, Bäckereien, Metzgereien und anderen lebensmittelverarbeitenden Betriebe. Zum anderen haben wir bei den Lebensmittelskandalen der letzten Jahre gesehen, dass einige wenige unredlich arbeitende Betriebe ausreichen, um ganze Branchen in Verruf zu bringen. Wir wollen den Druck auf diese schwarzen Schafe erhöhen – mit Transparenz. Denn nur schwarze Schafe scheuen Transparenz. Für gut arbeitende Betriebe ist das Kontrollbarometer ein Qualitätssiegel.
3. Welche Betriebe werden kontrolliert?
Von dem neuen Transparenz-System können rund 150.000 Betriebe in NRW profitieren, die der amtlichen Lebensmittelkontrolle unterliegen – angefangen von der Metzgerei über Discounter und Wochenmärkte bis hin zu den großen Lebensmittelkonzernen.
4. Auf welcher Grundlage wird das Kontrollbarometer funktionieren?
Grundlage für das Kontrollbarometer sind die Ergebnisse der amtlichen Kontrollen durch die Lebensmittelüberwachung. Die Durchführung dieser Kontrollen und die Vorgehensweise bei der Beurteilung der kontrollierten Betriebe ist für alle Bundesländer in der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift Rahmenüberwachung (AVV RÜb) geregelt. Diese wurde in ihrer jetzigen Form 2008 von der damaligen CDU/CSU/FDPBundesregierung erlassen und bisher weder durch die Wirtschaft, die Kommunen oder die Politik in Frage gestellt. Die AVV RÜb ist ein gutes System und daher haben wir nicht vor, an dem Bewährten etwas zu ändern - zumal es sich seit fast 10 Jahren lang etabliert hat.
5. Welche Kriterien werden geprüft?
In der breiten Bevölkerung hat sich für das Kontrollbarometer bereits die Bezeichnung „Hygiene-Ampel“ eingebürgert. Aber das neue Transparenz-System ist mehr. Im Rahmen der amtlichen Kontrollen erfolgt eine Risikobewertung bereits seit Jahren für jeden Betrieb separat. Dabei werden unter anderem • die Zuverlässigkeit des Lebensmittelunternehmers, • die Verlässlichkeit seiner eigenen Kontrollen und • die Hygiene überprüft. Die folgende Abbildung zeigt, welche einzelnen Merkmale im Rahmen einer amtlichen Kontrolle beurteilt werden.
6. Was soll zukünftig veröffentlicht werden?
Die Kontrolleurinnen und Kontrolleure vergeben sogenannte Risikopunkte. Ein sauberer Betrieb mit korrekter Kennzeichnung seiner Produkte bekommt weniger Risikopunkte als ein unsauberer mit fehlerhafter Kennzeichnung. Je schlechter der Betrieb, desto mehr Malus-Punkte – und zwar auf einer Skala von Null bis 73. Ein Pfeil zeigt an, wie die Bewertung ausgefallen ist. Neben dem Ergebnis der aktuellen Kontrolle sollen auch die Ergebnisse der drei vorhergehenden Kontrollen dargestellt werden. So bekommen Verbraucherinnen und Verbraucher nicht nur eine Momentaufnahme, sondern können einfach erkennen, wie sich der Betrieb im Laufe der Zeit entwickelt – und hoffentlich verbessert.
7. Wo sollen die Ergebnisse veröffentlicht werden?
Verbraucherinnen und Verbraucher sollen künftig das Kontrollbarometer in Form eines Aushangs an den Eingangstüren etwa der Restaurants, Bäckereien, Cafés und Metzgereien sehen. Betriebe, die keinen direkten Kundenkontakt haben, müssen das Kontrollbarometer auf ihrer Internet-Seite abbilden. Damit sich alle an das neue System gewöhnen können, ist es den Betrieben in den ersten drei Jahren freigestellt, ob sie das Kontrollbarometer auszuhängen. Gerade die einwandfrei arbeitenden Betriebe werden sicherlich das Kontrollbarometer als Qualitätssiegel aushängen, um sich damit von der Konkurrenz abzusetzen.
8. Kritiker bemängeln, das neue System sei ein Pranger und wäre existenzbedrohend.
Kritik wird vor allem von denjenigen vorgebracht, die sich schützend vor die schwarzen Schafe einer Branche stellen. Verbraucherinnen und Verbraucher sowie die gut arbeitenden Betriebe haben bisher das Nachsehen. Dies wollen wir ändern. Das neue Transparenz-System belohnt die, die gut und ehrlich arbeiten. Diese Betriebe erhalten durch das Kontrollbarometer einen Wettbewerbsvorteil. Wer schlecht arbeitet, muss dies künftig auch vor seinen Kundinnen und Kunden verantworten.
9. Rutscht ein Betrieb automatisch in den roten Bereich, wenn eine Kachel kaputt ist?
Nein. Diese Behauptung ist einfach Unfug. Siehe Antwort zu Frage 5.
10. Wird die Umstellung etwas kosten?
Wir wollen das System so gestalten, dass es im Sinne der Verbraucherinnen und Verbraucher zeitnah, aussagekräftig und leicht verständlich, im Sinne der Betriebe fair und im Sinne der Überwachung weitgehend aufwand- und kostenneutral ist. Mit einem minimalen Zusatzaufwand erreichen wir ein Maximum an Transparenz. Daher ist die Grundlage für das Kontrollbarometer eine Regelung, nach der seit 2008 bereits gearbeitet und kontrolliert wird: die AVV Rüb (s. Nrn 4 und 5). Die Kontrollen werden daher auch unabhängig vom Kontrollbarometer-System durchgeführt. Durch das neue Transparenz-Gesetz wird lediglich die Veröffentlichung geregelt. Damit stärkt NRW den Verbraucherschutz und geht bundesweit voran.
11. Gibt es Wettbewerbsverzerrungen durch das Kontrollbarometer?
Das Gegenteil ist der Fall. Bisher hatten schlecht arbeitende Betriebe Wettbewerbsvorteile. Jetzt machen wir erstmalig transparent, welche Betriebe gut arbeiten und die lebensmittelrechtlichen Anforderungen erfüllen. Und es wird deutlich, welche Betriebe das nicht machen. Es kann höchstens zu einem Wettbewerbsvorteil für die gute arbeitenden Betrieben kommen. Dieser ist aber gewollt. Wir geben grünes Licht für gute Betriebe: Das Transparenz-System wird die Betriebe belohnen, die mit Engagement zuverlässig und sauber arbeiten. Für schlechte Betriebe hingegen steht das Barometer auf rot.
12. Gibt es eine Vergleichbarkeit der Ergebnisse zwischen den Kommunen?
Ja. Das System der Lebensmittelkontrollen und die Verteilung der Punkte sind bundesweit einheitlich geregelt. Außerdem gibt es in NRW einen ausführlichen Leitfaden, der genau erläutert, wann wie viele Risikopunkte zu vergeben sind. Nach diesen Vorgaben richten sich die Lebensmittelkontrolleurinnen und Lebensmittelkontrolleure der Kommunen in NRW.
13. Warum wird die Dokumentation von Kühltemperaturen höher bewertet als der Schädlingsbefall?
Das bundesweit geltende System der Risikobeurteilung ist von Fachleuten aus der Lebensmittelüberwachung sehr sorgfältig erarbeitet worden. Die Punkteverteilung kann nur insgesamt betrachtet werden, weil die meisten Mängel Einfluss auf mehrere Beurteilungsmerkmale zugleich haben. Deshalb ist es unredlich, einzelne Punkte aus der Risikobeurteilung herauszunehmen und miteinander zu vergleichen. Der Vergleich von Schädlingsbefall mit der fehlenden Dokumentation der Kühltemperaturen ist wie Äpfel mit Birnen vergleichen. Während ein Schädlingsbefall nicht unbedingt das hergestellte Lebensmittel beeinträchtigen muss, haben Kühltemperaturen direkten Einfluss auf die Haltbarkeit. Deshalb ist es zwingend erforderlich zu dokumentieren, dass diese Temperaturen stets – und nicht nur am Tag der Kontrolle - eingehalten werden. Ansonsten besteht die Gefahr, dass nicht ausreichend gekühlte Lebensmittel Keime enthalten können, die die menschliche Gesundheit gefährden (z.B. Salmonellen in Tiramisu).
14. Gibt es die Möglichkeit der Nachprüfung, wenn ein Betrieb in den roten Bereich rutscht?
Ja. Jeder Betrieb, der aufgrund schwerwiegender Mängel in den roten Bereich des Kontrollbarometers rutscht, hat das Recht auf eine kostenpflichtige zusätzliche Kontrolle. Das Ergebnis der zusätzlichen Kontrolle wird ebenfalls als Kontrollbarometer ausgehängt.
15. Wie gut sind die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der amtlichen Lebensmittelkontrolle ausgebildet?
Amtliche Lebensmittelkontrolleure und Lebensmittelkontrolleurinnen haben eine Ausbildung zum Fleischer/in, Bäcker/in, Koch/Köchin, Diätassistent/in, Fachkraft für Lebensmitteltechnik mit Meistertitel oder Technikerabschluss. Darüber hinaus haben sie einen mindestens 2-jährigen Lehrgang zum Lebensmittelkontrolleur absolviert, der mit einer praktischen und theoretischen Prüfung zum staatlich geprüften Lebensmittelkontrolleur/in abschließt. Das Kontrollpersonal muss sich regelmäßig fortbilden.
16. Ist das Kontrollbarometer nur eine Momentaufnahme?
Nein. Es ist vielmehr eine belastbare Aussage über mehrere Monate oder sogar Jahre hinweg. Denn es wird nicht nur das Ergebnisse der aktuellen Lebensmittelkontrolle veröffentlicht, sondern auch die der zwei vorangegangenen Untersuchungen. Außerdem wird während der Kontrolle auch die Dokumentation im Betrieb geprüft. Nur so kann festgestellt werden, ob auch in den Monaten seit der letzten Kontrolle alle Vorgaben, z.B. für eine angemessene Reinigung oder einwandfreie Produktion, eingehalten worden sind.